Sie war leidenschaftlich, neugierig und offen für die Welt: Zoe Markus Salati, eine der ersten Journalistinnen beim Tessiner Fernsehen, ist am 15. Februar 2022 gestorben.
Von Dunja Salati und Francesca Giorzi *
Ihr Vater Vinicio Salati war Schriftsteller, Poet und Journalist, ihre Mutter Sonja Markus war Tänzerin und Malerin. Die beiden haben Zoe stark geprägt und ihr ermöglicht, mit Menschen aus aller Welt schon von klein auf in Kontakt zu kommen: mit Anti-Faschisten, mit Künstlerinnen und Künstlern, mit Schriftstellerinnen und Schriftstellern.
Mit 16 verliess Zoe Salati ihr Zuhause, um in Paris zwei Jahre lang als Au-Pair beim grossen Philosophen und Musikwissenschafter Wladimir Jankelewitsch zu arbeiten. Sie lebte dort in einer sogenannten «chambre à bonne» (einem Dienstmädchenzimmer) im Dachgeschoss des Hauses, ohne elektrisches Licht und ohne fliessendes Wasser. Doch sie genoss die grossartige Aussicht auf die Stadt.
Zoe blieb acht Jahre in Paris, wo sie ihr Französisch so perfektionierte, dass es – wie sie sagte – zu ihrer zweiten Muttersprache wurde. Sie traf hier viele Intellektuelle und Künstler und blieb mit der französischen Metropole ihr Leben lang verbunden.
Ab 1958 ging – aus dem Fernsehstudio an der Kreuzstrasse in Zürich – die Schweizer Nachrichtensendung Tagesschau in den drei Landesprachen auf Sendung. Zoe Salati stiess 1963 zum Team der Tessiner Tagesschau-Redaktion. Sie war die erste Frau als Journalistin bei der Tagesschau und wurde so zur Pionierin.
Anfangs waren ihre Reportagen politischen Themen gewidmet. Nach und nach spezialisierte sie sich auf Kulturreportagen und interviewte Künstlerinnen und Künstler sowie Schriftstellerinnen und Schriftsteller aus aller Welt. Sie begegnete Alberto Giacometti in Paris und Marc Chagall in Zürich, als er die Glasfenster des Fraumünsters erstellte. Auch interviewte sie den Schriftsteller Carlo Coccioli, die Schauspielerin Simone Signoret, die Musikerin Juliette Gréco und den Poeten Josip Brodsky. Letzteren lernte sie 1966 in Sankt Petersburg kennen und traf ihn 1977 an der Biennale von Venedig wieder; bis zu seinem Tod blieb sie ihm verbunden. Auch die russischen Schriftsteller Alexander Solschenizyn, Jewgeni Jewtuschenko und Wladimir Maximow hat sie getroffen – und viele Persönlichkeiten mehr.
Zoe Markus Salati war eine Weltenbummlerin. Sie ist viel und gern gereist. 1966 begleitete sie – zusammen mit mit dem Künstler Alex Sadkowsky – den Schriftsteller Max Frisch nach Moskau. Im selben Jahr fuhr sie nach Algerien, wo sie Houari Boumédiène und andere Unabhängigkeitskämpfer traf. Sie reiste nach Israel, in diverse Regionen Afrikas, nach Griechenland und in den Iran, wo sie als einzige Journalistin und Frau den Schah Reza Pahlavi interviewen durfte.
1980 kehrte Zoe Salati ins Tessin zurück, arbeitete für Il Regionale und später für Il Quotidiano. Allein in den Archiven der TSI finden sich 1300 Reportagen von Zoe Salati. Ihre letzten Lebensjahre verbrachte sie damit, das künstlerische Werk ihrer Eltern zu ehren. 2014 organisierte sie zum 20. Todestag ihres Vaters den Gedenkabend «Vinicio Salati, un ticinese irrequieto» im Auditorium des Tessiners Radio. Der 2004 entstandene Dokumentarfilm «Der Tanz des Lebens» ist ihrer Mutter Sonja Markus gewidmet (zu finden auf youtube).
Zoe Markus Salati war eine grosse Persönlichkeit, neugierig und offen, sehr grosszügig und kritisch, jedoch auch sehr fordernd sich selbst sowie ihrem Umfeld gegenüber. Ihren Sinn für Ästhetik, ihre Liebe zur Natur, ihre Leidenschaft für Literatur und Musik hat sie bis zum Schluss ausgelebt.
* Deutsche Bearbeitung: Ivo Bachmann
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