Die NZZ kommt nicht zur Ruhe: Der gross angelegte Umbau des publizistischen Bereichs, prominentere personelle Zu- und Abgänge im Kaderbereich, die Schliessung der Druckerei und jetzt das abrupte und überraschende Ende von Chefredaktor Markus Spillmann. Stabilität und Berechenbarkeit gegenüber Leserschaft und Mitarbeitenden würden anders aussehen. Und das beim Traditionsblatt! Von Philipp Cueni
Die Faktenlage zum Abgang von Markus Spillmann ist dünn – entsprechend wird spekuliert. Dennoch kann man schon mal einige bemerkenswerte Beobachtungen zusammentragen.
Die Mitarbeitenden sind überrascht – niemand hat das erwartet. Stimmen der Erleichterung sind bisher keine zu vernehmen, negative Reaktionen aus den Redaktionen allerdings schon – auch öffentlich über Twitter. Bereits der Entscheid, die eigene Druckerei zu schliessen, hat auch beim journalistischen Personal zu vehementen Reaktionen und Verunsicherung geführt: was bedeutet dies als Zeichen gegen innen und aussen, wenn eine Traditionszeitung die eigene Druckerei schliesst? Und war das nötig – geht es dem Unternehmen derart schlecht? Erst kürzlich hat die NZZ eine grosse Mitarbeitenden-Befragung durchgeführt – aber eben vor diesen beiden Ereignissen. Die Antworten wären heute wohl anders ausgefallen, bemerkte ein Mitglied der Redaktion.
An der Information der Mitarbeitenden seien keine Erklärungen über den Grund des Abgangs des Chefredaktors gemacht worden. In der Mitteilung der NZZ heisst es, man wolle die publizistische Führung neu organisieren, und darüber habe es "unterschiedliche Vorstellungen" gegeben. Welches ist der Hintergrund für diese Differenzen? Der VR-Präsident Etienne Jornod schreibt in der NZZ: "Mit grossem Bedauern haben wir bekanntzugeben…". Soweit Fakten – alles Weitergehende ist Spekulation. Interessant ist dennoch, dass aus verschiedensten Kreisen, weit über die üblichen Verschwörungstheoretiker reflexartig die Frage gestellt worden ist: Folgt mit der Neuwahl des Chefredaktors nun die Weichenstellung zu einem SVP-freundlicheren Kurs? Auch bei einem Teil der Leserkommentare auf nzz.ch geht es um diese Frage: Endlich ein rechterer Kurs wird gefordert oder eben genau das befürchtet.
Im Moment also viel Unsicherheit und Instabilität bei der NZZ. Falls eine Person an die Spitze der NZZ-Redaktion kommt, welche eindeutig keinen SVP-Kurs fährt, dann hätte die Ablösung von Spillmann sogar eine stabilisierende Wirkung auf die NZZ: die dauernden Spekulationen zu dieser Frage wären dann mal gestoppt.
(9.12.14)
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