Luzi Bürkli leitete die Medienstelle des Kantons Graubünden, bevor er 2015 zum «Bündner Tagblatt» zurückkehrte – zuerst als Redaktor, dann als Chefredaktor. Nun wechselt er erneut die Seiten und wird Leiter der Unternehmenskommunikation von Graubünden Ferien.
Interview: Nina Fargahi
EDITO: Herr Bürkli, Sie haben insgesamt dreimal die Seiten gewechselt. Warum?
Luzi Bürkli: Ich bin grundsätzlich ein Mensch, der für Veränderungen offen ist. Vieles geschah gar nicht so bewusst, sondern einfach, indem eine Türe aufging und ich die Gelegenheit ergriff.
Verändert der Seitenwechsel einen Journalisten?
Ja, ganz klar. Die beiden Seiten unterscheiden sich schon sehr stark. Der grösste Sprung ist wohl vom Journalismus in die Verwaltung oder in einen staatsnahen Betrieb. Es kommt darauf an, wo man hingeht, aber der Gestaltungsspielraum beziehungsweise die Freiheit wird kleiner.
Stört Sie das nicht?
Doch, es kann an einem nagen und man kann sich trotzdem anpassen.
Was haben Sie aus Ihren Seitenwechseln bisher gelernt?
Wenn man beide Seiten kennenlernt, realisiert man: Es gibt kein Gut und Böse. Ich habe heute Verständnis und Respekt für beide Seiten.
Wieso ist der Seitenwechsel so salonfähig geworden?
Natürlich ist dieses Phänomen auch aus einer Not entstanden. Angesichts der ökonomischen Situation – Sparmassnahmen und Stellenabbau in den Redaktionen – kann man keinem Journalisten Vorwürfe machen, wenn er die Seite wechselt. Interessant ist auch, dass die Verlage selbst nun vermehrt dem Staat entgegenkommen, indem sie gerne die Presseförderung ausbauen würden. Das sind Kooperationen, die vor zehn Jahren undenkbar gewesen wären.
Braucht man spezielle Fähigkeiten, um als Mediensprecher gut zu sein? Oder kann jede Journalistin ins PR-Fach wechseln?
Klar kann jede und jeder wechseln. Was man nicht unterschätzen sollte, ist die Tatsache, dass man nach dem Seitenwechsel im Dienst einer bestimmten Sache steht. Es gibt ja Journalisten, die sich primär zur Aufgabe gemacht haben, den Mächtigen auf die Finger zu schauen. Diese Journalisten hätten wohl Mühe, wenn sie einem klaren Auftrag folgen müssten.
«Mein Antrieb war
nie die Skepsis.»
Waren Sie nie ein Journalist, der den Mächtigen auf die Finger schauen wollte?
Sagen wir es so: Ich habe nie aus einem Misstrauen heraus Journalismus gemacht. Mein Antrieb war nie die Skepsis gegenüber Verbänden, Firmen, dem Staat und so weiter. Natürlich wollte ich immer hinter die Kulissen blicken und Zusammenhänge verstehen, aber es ging mir nie darum, den nächsten grossen Skandal aufzudecken.
Wenn Sie an Ihre Anfänge im Jahr 1995 zurückdenken: Wieso sind Sie überhaupt Journalist geworden?
Es war die grosse Neugierde. Mich interessierten Menschen, Ereignisse, Zusammenhänge. Journalismus ist ein wunderbarer Beruf, er gibt einem so viele Freiheiten und Möglichkeiten, Dinge zu verstehen. Sei es lokal, national, international. Die Vielfalt der Berichterstattung ist riesig. Und dann gibt es auch unzählige Formen, etwas zu vermitteln. Alles ist möglich.
Es klingt, als würden Sie den Journalismus irgendwann vermissen?
Das wird zu hundert Prozent so sein. Einmal Journalist, immer Journalist.
Wie schauen Sie auf die Zukunft des Journalismus?
Mit einer gewissen Sorge. Obwohl alle stets betonen, wie wichtig der Journalismus für die Meinungsbildung sei, scheint mir, dass viele nicht mehr wirklich daran glauben. Man spricht viel über Transformation und Digitalisierung, aber wenig darüber, was es heisst, sorgfältigen und verantwortungsvollen Journalismus zu machen.
Können Sie sich einen vierten Seitenwechsel zurück in den Journalismus vorstellen?
Selbstverständlich. Ich kann mir auch einen fünften und sechsten Seitenwechsel vorstellen.
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