Elia Blülle, Student, freier Journalist und bis vor drei Monaten Präsident der Jungen Journalisten Schweiz, wäscht den (älteren) Kolleginnen und Kollegen, die sich in der Berichterstattung über den mutmasslichen Täter von Rupperswil unrühmlich hervorgetan haben, die Kappe. Und zwar heftig.
In seinem sehr lesenswerten Blogtext «Rambojournalisten in Town» prangert Blülle etwa die Art an, wie sich ein «Blick»-Mitarbeiter ein Bild des Verhafteten zu verschaffen versucht hat (Blülle: «Erpressung»). Oder dass dessen Bruder in Artikeln mit Angaben zu Wohnort und Familienverhältnissen erwähnt wurde (Blülle: «Die Privatsphäre der Angehörigen ist zu wahren; das ist Opferschutz»). Oder dass die «Schweiz am Sonntag» die Matura-Arbeit des mutmasslichen Täters ausgrub, und, weil sie sich mit Osama bin Laden und den Anschlägen von New York beschäftigte, allerlei Schlussfolgerungen zog (Blülle: «geifernde Küchenpsychologie»).
Speziell ist, dass Blülle in der Region wohnt, in der die Morde geschehen sind, was ihm einen etwas anderen Zugang und Blickwinkel – «Die Region Aarau ist ein kleinräumiges Gebiet. Man kennt sich» – verschafft.
Sehr speziell ist auch, dass Blülle eingegriffen hat: «Ich habe», schreibt er, «präventiv die Maturitätsarbeit des Täters für die nächsten Monate bei der Kantonsschule reserviert. Weitere Psychoanalysen auf der Basis eines 13 Jahre alten Dokumentes ertrage ich nicht mehr.»
Und ganz besonders speziell ist, dass ein «Jungjournalist» seinen Kolleginnen und Kollegen Basics wie etwa «Opferschutz», «berechtigtes Interesse der Öffentlichkeit» einen Namen zu kennen, «Wahrung der Menschenwürde» sowie die Richtlinien des Presserats ins Bewusstsein rufen muss.
Bettina Büsser
Redaktorin EDITO
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