Mit einem Postulat hat Nationalrätin Katja Christ (GLP, BS) den Bundesrat dazu aufgefordert, mögliche kanalunabhängige Modelle der Medienförderung aufzuzeigen. Katja Christ begründete ihren Vorstoss damit, ein zukunftsgerichtetes staatliches Fördermodell müsse kanalunabhängig erfolgen, weil demokratiepolitisch alle Verbreitungswege gleichwertig seien.
Interview: Matthias Zehnder
Sind Sie zufrieden mit der Antwort des Bundesrats?
Ja. Es ist selten, dass eine Politikerin ein klares «Ja» oder «Nein» zur Antwort gibt, weil es selten möglich ist. Da kann ich es wirklich sagen. Wie ich gehört habe, war das BAKOM dankbar für die Überweisung meines Postulats. Das hat es ermöglicht, eine Auslegeordnung zu machen. Inhaltlich ist die Antwort mit einer kleinen Ausnahme fast ganz auf meiner Linie. Sie nimmt auch viele Ideen auf, die ich damals bei der Beratung des vom Volk abgelehnten Medienförderpakets eingebracht habe, teilweise damals aber keine Mehrheiten erhalten habe.
Viele Beobachter wundern sich über den Wandel bei Bundesrat Albert Rösti. Wie beurteilen Sie seine Rolle?
Das ist ganz schwierig zu bewerten. Die Erarbeitung des Berichts ist noch unter der alten Departementsführung entstanden und die Leute, die im BAKOM arbeiten, sind immer noch dieselben. Zudem entscheidet am Ende der Gesamtbundesrat. Ich weiss nicht, wie stark sich Albert Rösti inhaltlich mit dem Bericht auseinandergesetzt hat. Der Punkt ist aber, dass der Auftrag meines Postulats klar war. Das Parlament hat das Postulat überwiesen und so in einen Auftrag an den Bundesrat verwandelt. Dieser Auftrag musste erfüllt werden. Der Bundesrat hat zudem nicht gesagt, was er machen will, er hat nur eine Auslegeordnung vorgelegt.
Konkret nennt der Bundesrat zwei Möglichkeiten für eine Medienförderung, die sich auf Gesetzesstufe einführen liesse. Relativ rasch umsetzbar wären allgemeine Fördermassnahmen zugunsten aller elektronischen Medien. Mittelfristig realisierbar wäre eine kanalunabhängige Förderung von Medien bemessen anhand der Stellen für Medienschaffende oder des Umsatzes. Was meint «relativ rasch» und «mittelfristig»?
Relativ rasch meint: Wirklich rasch, weil die Kommissionen bereits daran arbeiten. Sie beschäftigen sich bereits mit entsprechenden Vorstössen. Das Resultat der Arbeit wird in naher Zukunft ins Parlament kommen. «Mittelfristig» heisst: Da muss der politische Prozess jetzt in Gang gebracht werden. Letztlich muss das Parlament entscheiden, ob es eine solche Gesetzesvorlage haben will und was die Eckwerte sein sollen. Da brauchen wir also noch einen politischen Auftrag, um weiterarbeiten zu können. Ich sehe da einen Zeithorizont von etwa zehn Jahren. Es könnte schneller gehen, aber der nächste Versuch muss sitzen. Deshalb ist es besser, etwas langsamer und sorgfältiger zu arbeiten und alle Player ins Boot zu holen.
Lassen sich im Bundesparlament derzeit Mehrheiten für eine Medienförderung finden?
Ich denke schon. Das Medienförderpaket hat ja auch Mehrheiten gefunden. Bloss war der Missmut in Bezug auf einzelne Aspekte zu gross. Ein Problem war dabei, dass die beschlossene Medienförderung zu wenig kanalunabhängig war und in der Endversion in der Hauptsache die grossen Medienhäuser gestärkt hätte. Im Grundsatz finden wir aber eine solide Mehrheit für die Förderung der Medien als vierte Gewalt.
Die Vorschläge sehen interessant aus. Dabei geht etwas vergessen, dass es um relativ wenig Geld geht: Die Rede ist von 30 Millionen Franken im Jahr. Zum Vergleich: Anfang Jahr hat das Parlament ohne mit der Wimper zu zucken die Direktzahlungen an die Landwirtschaft um 54,8 Millionen Franken aufgestockt. Warum sind dem Parlament Milch und Rüebli so viel wichtiger als gute Medien?
Da fragen Sie die Falsche. Die tägliche Ernährung ist vielleicht besser greifbar. Ich weiss es nicht. Für mich stimmt das auch nicht. Der Fairness halber müssen wir auch sagen, dass heute schon 90 Millionen Franken im Jahr in die Förderung der Print- und Onlinemedien fliessen. Die Frage ist, wie man den Wechsel von der Printförderung zu einer kanalunabhängigen Förderung hinkriegt. Ich sehe da Potenzial für eine dynamische Ausgestaltung, wie ich sie schon im Medienförderpaket vorgeschlagen habe. Dass also zum Beispiel über zehn Jahre hinweg jedes Jahr eine Tranche von Print zu online wechselt. Das würde der Branche einen Anreiz geben. Damals hat das leider keine Mehrheit gefunden.
Die Deindustrialisierung der Druckbranche überholt gerade die Medienpolitik. Wird das das Parlament in Bewegung bringen?
Ich denke schon, ja. Für mich ist das ein Schlüsselmoment. Im Parlament sitzen ja viele Menschen, die vom Alter her noch mit Printmedien aufgewachsen sind und nichts anderes kennen. Wenn ich sehe, wie stark sich der Medienkonsum meiner jugendlichen Kinder von dem meiner Eltern unterscheidet, dann gibt mir das zu denken. Wir müssen heute Politik für die nächste Generation machen. Natürlich gibt es Menschen, die noch unbedingt Printmedien haben möchten. Aber man kann nicht alle Mittel in den Erhalt eines Auslaufmodells stecken. Das ist auch nicht gut für die Medien. Ich möchte eine Politik für die Zukunft machen und der Medienbranche Anreize für den Wandel zu setzen. Dass die Verlage ihre Druckereien abstossen wollen, das ist ein Weckruf an die Politik, den Fokus vom Print weg Richtung online zu bewegen.
Wie geht es jetzt weiter?
Die kurzfristigen Massnahmen sind in den Kommissionen in Erarbeitung. Die mittelfristig vorgeschlagenen Massnahmen brauchen neue gesetzliche Grundlagen. Da werde ich mich in der laufenden Session darum kümmern, wie wir die nächsten Schritte politisch in Angriff nehmen können. Es gibt aber noch den langfristigen Aspekt. Der Bundesrat beantwortet die Möglichkeit eine künftigen integralen Medienförderung insgesamt als eher abschlägig, weil dazu die Bundesverfassung verändert werden müsste. Ich bin überzeugt, dass wir aber langfristig genau diesen Weg einschlagen müssen. Der Medienartikel in der Bundesverfassung braucht meines Erachtens eine Aktualisierung. Ich überlege mir, ob wir einen neuen Anlauf nehmen sollen. In Zukunft darf die Verbreitungstechnik bei der Förderung von Medien keine Rolle mehr spielen.
Medienschaffende fördern statt Medien: Der Bundesrat hat seine Strategie für eine zukunftsgerichtete Medienförderung skizziert. Ziel ist es dabei, eine kanalunabhängige Medienförderung zu entwickeln. Eine effiziente Möglichkeit wäre es, wen der Bund künftig die Medienschaffenden ins Zentrum seiner Förderung stellen würde.
weiterlesen
Ihr Kommentar