Markus Somm macht in der BaZ auf Wahlkampfmanager. Sogar den Bürgerlichen gefällt das nicht. Von Philipp Cueni
"Sie irren, Herr Somm". Dies die Schlagzeile für die ganze Seite 3 der heutigen BaZ. Mutig, wie die Zeitung die Kritik angeht. Bemerkenswert, wie ein Regierungsrat den Chefredaktor angreift. Und überraschend, woher die Kritik kommt: Von den Bürgerlichen.
Es ist Wahlkampf in Basel, erstmals treten die Basler Bürgerlichen zusammen mit der SVP geschlossen an und wollen die rotgrüne Mehrheit brechen. Die Basler Zeitung betreibt schon seit Jahren Wahlkampf und hielt die rotgrüne Regierung unter Dauerbeschuss. Auch wenn dafür manchmal die Fakten massiv zurechtgebogen werden mussten.
Aber das genügte Chefredaktor Markus Somm nicht. Vergangenen Samstag setzte er in seinem grossen Leitartikel zu einer Schelte an die Bürgerlichen an: Sie seien zu zahm, würden die Linksgrünen zu wenig attackieren. Und er formulierte gleich Vorschläge, was der Bürgerblock zu fordern und wie er es umzusetzen habe. Die Zeitung als Wahlkampfmanager.
Und jetzt das: "Sie irren" schreibt der amtierende Regierungsrat Christoph Eymann (Liberale/FDP) an Herrn Somm: "Ich behaupte, dass die Baslerinnen und Basler nicht wollen, dass schärfere Töne zwischen Politikern – weil es der Chefredaktor fordert – zur Regel werden." "Diese Ratschläge, die Markus Somm – mit Lebensmittelpunkt seiner Familie weit ausserhalb von Basel – den Bürgerlichen gibt, sind in unserem Kanton nicht anwendbar." Andere Exponenten der Bürgerlichen doppeln nach: "Man muss den Zustand (der Stadt, phc) nicht schlechtreden. Erstens weil es nicht der Realität entspricht – und der Stimmbürger weiss das." (Luca Urgese, FDP) "Den Presseplatz mit mehr Inhalt füllen" fordert Katja Christ (GLP) vom BaZ-Journalismus angesichts eines PR-Bildes im redaktionellen Teil, wie das bürgerliche Männerquartett zusammen in den Rhein springt.
Tatsächlich hatte Somm im Leitartikel zum Zweihänder gegriffen. Er forderte nicht nur eine radikalere bürgerliche Politik, griff nicht nur die linksgrünen Regierungsräte so an, dass sogar bürgerliche Politiker relativieren mussten. Er beschrieb eine Situation, die wohl kaum jemand, der in Basel lebt, so kennt: "Migration, Staatsverschuldung, miserable Schulen, eine EU im Zerfall, eine Verkehrspolitik, die den Kollaps betreibt, Dreck in den Strassen, Hochschulen, die versagen, Professoren, die man nicht kennt, Sozialhilfeempfänger, die sich wundersam vermehren".
Tatsächlich, die Basler ticken anders – von links bis weit ins liberale Bürgertum hinein. Trotz dem massiven Auflageverlust der BaZ haben es Markus Somm und Mitbesitzer Christoph Blocher noch nicht bemerkt. Oder sucht Blocher deshalb für die BaZ einen Käufer, weil es eine politische Fehlinvestition war?
Ihr Kommentar