Schweizer Mediendatenbank mit Audio, Video und Schweizerdeutsch-Übersetzer
«Radio goes SMD» schreibt die Schweizer Mediendatenbank SMD und weist darauf hin, dass ihre Nutzer*innen neu «sekundengenau» Audiopassagen der drei Westschweizer Radios RJB, RTN und RFJ finden können, ausserdem von 24 SRF-Radiosendungen, darunter etwa das «Echo der Zeit» und die Regionaljournale. Mehr noch: Die gesprochenen Texte können mithilfe einer automatischen Transkription auch gelesen werden.
Laut Geschäftsführer Roberto Nespeca hat die SMD 2019 damit begonnen, audiovisuelle Medien in die Datenbank aufzunehmen. Damals startete ein Pilotversuch mit Informationssendungen von Fernsehen RTS, später kamen Sendungen von Fernsehen SRF dazu – schliesslich ist die SRG eine der SMD-Aktionärinnen.
Videos sind viel einfacher zu erfassen als Audios: Da sie bereits durch die Sender untertitelt werden, kann die SMD diesen Text übernehmen. Ein Klick auf den entsprechenden Zeitstempel im Text führt dann genau auf den entsprechenden Zeitpunkt im Video, das auf der Online-Seite des Anbieters verbleibt.
Schwieriger ist die Erfassung von Radiosendungen – insbesondere, wenn sie, wie etwa die Regionaljournale, in Schweizerdeutsch sind. Denn es fehlt die geschriebene Textvorlage. «Gemeinsam mit SRF und recapp entwickelten wir eine Speech-to-Text-Komponente, die gesprochenes Schweizerdeutsch automatisch in geschriebenes Hochdeutsch transkribiert», so Nespeca.
Zwar haben sich bei einer SMD-Umfrage Ende 2021 nur je knapp die Hälfte der antwortenden Nutzer*innen dafür ausgesprochen, dass die SMD die Inhalte von regionalen und lokalen Radios und TVs aufnehmen müsse. Aber, so Nespeca: «Wir sind überzeugt, das Ton- und Bewegtbild-Material eine gute Ergänzung zum bestehenden Print- und Online-Angebot darstellt.» Die SMD sei bereits in der Integrationsphase «bei gut einem halben Dutzend Partnern».
Fernsehen SRF mit weiterem Verlust in der Eishockey-Expertise
Jetzt auch noch Mario Rottaris. Der frühere Fribourg-Gottéron- und Nationalmannschafts-Spieler verlässt Schweizer Fernsehen SRF, wo er seit 2005 als Eishockey-Experte im Einsatz war – bei insgesamt 16 Hockey-WMs und hunderten von Spielen der National-League. «Seine kontrollierten Aussagen, sein diskreter Sprachwitz und seine Fachkompetenz im Zusammenspiel mit Jann Billeter haben die SRF-Zuschauer seit der Weltmeisterschaft 2005 durch die Spiele der Schweizer Nati geschaukelt», lobte ihn der «Blick».
Rottaris Co-Kommentator Billeter hat SRF Sport bereits im Sommer 2021 verlassen; er wechselte nach 24 Jahren SRF zu MySports. Im Herbst 2021 folgte Stefan Bürer; nach 28 Jahren bei SRF wurde er Kommunikationschef bei den SC Rapperswil-Jona Lakers. Und im Juni 2022 hat Eishockey-Fachfrau Daniela Milanese SRF Sport nach 23 Jahren verlassen. Sie kommentiert seit dieser Woche bei «MySports».
Damit schmelzen bei SRF quasi Jahrzehnte von Eishockey-Expertise weg. Ein Grund dafür sind verlorene Senderechte: Nicht die SRG, sondern Sunrise UPC, zu der «MySports» gehört, hat sich 2021 die Rechte der Eishockey-National League für die kommenden fünf Saisons gesichert. Die SRG erhielt auch keine Sublizenz. Das Schweizer Fernsehen kann also noch die Eishockey-WM, die Spiele der Nationalteams und den Spengler Cup zeigen, Live-Spiele der National League aber nicht mehr.
Auch für Mario Rottaris war dies ein Abgangsgrund – doch offenbar nicht der einzige. Seine «Passion», so wird er in der SRF-Mitteilung zitiert, sei es gewesen, die WMs als Co-Kommentator vor Ort und die Playoffs aus den Stadien zu begleiten. Die Playoffs dürfe SRF nun nicht mehr live übertragen, und «meine WM-Ära endete 2021». Denn für die WM 2022 im letzten Mai hat SRF Rottaris durch einen anderen Live-Experten ersetzt. Dieser Aspekt des Abgangs von Rottaris ist also SRF-hausgemacht.
Ueli Maurer mit seinem Medien-Bluff (wieder mal – letztmals?)
«Schaut die Zeitungen gar nicht erst an, werft sie weg», hatte Bundesrat Ueli Maurer 2011 in einem Interview gesagt. Später nannte er etwa einen SRF- Kameramann «Aff», warf den Medien eine «selbstverfügte Gleichschaltung» vor und reagierte unlängst auf Patti Basler, die ihn für eine SRF-Umfrage ansprach, mit «Die huere Frage vum Färnseh, vill tümmer chammer nid si als ihr sind». Und so weiter.
Wie er es in seiner politischen Karriere immer wieder getan hat, griff Maurer auch bei seiner Rücktritts-Medienkonferenz Medien und Medienschaffende an. Und diese? Auch wenn ihnen Maurer «Einheitsbrei» und Google-statt-Recherche vorwarf und einmal mehr behauptete, sie seien nach links gerutscht, blieben sie höflich. Dabei hatte gleichentags Maurers SVP im Parlament gezeigt, was man tun kann, wenn einem das Geschehen nicht passt: Die Fraktion stand auf und drehte dem Rednerpult den Rücken zu. Selbst «Kä Luscht»-Bundesrat Maurer hätte gestaunt, hätten die Bundeshaus-Journalist*innen während seiner Rücktritts-Rede dasselbe getan.
Zumindest hätten die Bundeshaus-Journalist*innen und auch jene, die danach darüber berichteten, Maurers grossen Medien-Bluff thematisieren können: Er kritisiert die Medien und ihre Inhalte – und erzählt gleichzeitig, er nutze ausser Teletext keine Medien und sei sonst Medienabstinenzler. Woher weiss er denn, was die Medien berichten?
Politiker*innen, die Journalist*innen und Medien diffamieren, schaffen einen Boden für einen sich verbreitenden Medienhass, der auch in physischen Angriffen gipfelt. Auch in der Schweiz. Bundesrätin Simonetta Sommaruga lässt im Moment einen Nationalen Aktionsplan für die Sicherheit von Medienschaffenden (NAP) ausarbeiten. Sie hätte mit der Umsetzung im Bundeshaus beginnen sollen.
Bettina Büsser
Redaktorin EDITO
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