SRG: Vereinbarung gegen Barrieren
Barriere weg! Bis 2027 sollen auch Menschen mit Hörbehinderung Zugang zu allen TV-Programmen der SRG haben: Die Sendungen sollen dann untertitelt sein. Das hat der Schweizerische Gehörlosenbund (SGB) bekanntgegeben. «Wir und andere Verbände von Menschen mit Sinnesbehinderungen treffen uns jeweils mit der Geschäftsleitung der SRG SSR», sagt SGB-Sprecherin Sandrine Burger. Dabei würden jeweils Vereinbarungen für fünf Jahre getroffen.
Der SGB, so Burger, begrüsse die neuste Vereinbarung: «Sie sieht vor, dass bis 2027 schrittweise mehr Sendungen in Gebärdensprache gedolmetscht werden und, vor allem, dass die Programme des linearen Fernsehens vollständig untertitelt werden. Schliesslich bezahlen Hörbehinderte genau wie Hörende die Serafe-Abgabe.»
Programme, die gesprochenen Text in geschriebenen Text umwandeln und mittlerweile auch mit Schweizerdeutsch umgehen können, vereinfachen diesen Fortschritt. So wird plötzlich auch denkbar, dass Hörbehinderte Radiosendungen in transkribierter Form lesen könnten. «Über das Thema Radio haben wir auch im Verband noch nicht gesprochen», sagt Burger. Sie weist aber auf Radio RTS La 1ère hin: «Im März dieses Jahres gab es dort eine Spezialwoche mit verschiedenen Sendungen zum Thema Gehörlosigkeit. Sie wurden alle von RTS in einer Transkription veröffentlicht, weil man sich gesagt hat: Wenn Gehörlose das Thema sind, dann sollen sie die Sendungen auch verfolgen können.»
Radio online lesen? Fragt sich bloss, ob diejenigen Kreise, die das Online-Text-Angebot der SRG-Sender einschränken und reduzieren wollen, auch in diesem Fall mit «Njet» reagieren würden.
NZZ: Zeiterfassung braucht Zeit
Ab Neujahr gibt es bei der Neuen Zürcher Zeitung ein neues Arbeitszeiterfassungssystem. Wurde auch Zeit. Denn Ende 2020 hat der Vorstand des Berufsverbands Impressum beschlossen, die NZZ beim Arbeitsinspektorat anzuzeigen, «weil wir Gründe für die Annahme hatten, dass die Arbeitszeiterfassung vor-ausgefüllt ist und deshalb nicht den Tatsachen entspricht», wie Impressum-Geschäftsführer Urs Thalmann sagt.
Die alte Zeiterfassung war quasi automatisch auf eine Normarbeitszeit eingestellt – fünf Tage pro Woche, acht Stunden pro Tag. Neue seien auf die Zeiterfassung hingewiesen worden, sagt eine NZZ-Mitarbeitende, und darauf, dass man sie individuell ausfüllen könne, «aber es hiess auch: Man kann, aber man muss nicht». Ab Anfang 2023 muss man nun. «Das neue System ist sicher besser als das alte», sagt Thalmann. «Wie gut, wird sich zeigen.»
Die NZZ wurde von Impressum über die Anzeige beim Arbeitsinspektorat informiert. Dann blieb es lange still. Weshalb dauerte es so lange bis zum neuen System? Befürchtete die NZZ, dass damit mehr Überstunden registriert würden? Was meint die NZZ dazu? «Aktuell sind wir mitten in der Überarbeitung des Themas Arbeitszeit für das gesamte Haus», so Karin Heim, Leiterin Unternehmenskommunikation. Es gebe ein neues Arbeitszeitreglement und ein neues Zeiterfassungssystem, das die effiziente Dokumentation der geleisteten Arbeitszeit und Abwesenheiten erlaube und die rechtlichen Vorgaben erfülle. Und: «Weitere Angaben in diesem Zusammenhang machen wir nicht.»
Arbeitgeber:innen seien verpflichtet zu verhindern, dass ihre Arbeitnehmer:innen zu viel arbeiten, so Thalmann, aber Mehrarbeit scheine oft zu einem Teil des Geschäftsmodells zu werden. Journalist:innen neigten dazu, sich selbst auszubeuten, «das darf nicht missbraucht werden». Dass es auch anderswo Handlungsbedarf gibt, ist anzunehmen. Laut Thalmann hat Impressum, seit «Infosperber» über die Probleme bei der NZZ berichtet hat, Hinweise auf Arbeitszeiten «weit weg von dem, was das Gesetz verlangt» aus anderen Medienhäusern erhalten: «Wir müssen uns weitere Schritte überlegen.»
Impressum sei sich bewusst, so Thalmann weiter, dass die Arbeitszeiterfassung dem Berufsbild vieler Mitglieder widerspreche. «Andere fühlen sich aber ausgenutzt und leiden darunter. Sie wünschen sich eine strikte Umsetzung des Arbeitsrechts. Der impressum-Vorstand diskutiert daher jedes Vorgehen sorgfältig.»
Bundesratswahl: Zu viele Schafe
Nur für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass es irgendjemand in diesem Land noch nicht mitgekriegt haben sollte: Die neue Bundesrätin hält Schwarznasenschafe. Ja, genau, Schwarznasenschafe.
Dass dies in einer «Hausbesuch»-Story von Blick über Elisabeth Baume-Schneider zu lesen und zu sehen war: geschenkt. Schliesslich gehören solche Dinge zum Boulevard. Tierli gehen immer gut und sind «jööö».
Dass die Schafe dann aber auch quer durch die anderen Medien wanderten, dass etwa die CH-Media-Zeitungen die Geschichte von den «putzigen Wollknäueln» aufnahmen, die NZZ von der «Schwarznasenschafhalterin» schrieb und Radio SRF Baume-Schneider im Tagesgespräch fragte: «Warum haben Sie Schwarznasenschafe?» – musste das wirklich sein?
Die herzigen Schafe passten offenbar ins herzige Bild der Kandidatin, das vermittelt wurde: «gmögig» sei Baume-Schneider, habe ein «fröhliches Gemüt», war zu lesen, Markus Somm attestierte ihr im Nebelspalter sogar «agrarischen Charme».
Baume-Schneider hat Wirtschaft und Politik studiert, war zwölf Jahre lang Regierungsrätin im Jura, später Direktorin der Hochschule für Soziale Arbeit und Gesundheit in Lausanne. Ab 2020 war sie im Ständerat und dort Präsidentin der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie, Mitglied der Geschäftsprüfungskommission, der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur und des Büros des Ständerates.
Kurz: Baume-Schneider ist Profi-Politikerin. Doch Politikerinnen werden in den Medien auch 2022 noch gerne mit Soft-Faktoren beschrieben. Und dann geht es eben um: Schwarznasenschafe.
Sogar bei der Republik. Die ärgerte sich, weil «die Landwirtschaft die grosse Siegerin» der Bundesratswahlen sei und zählt die Bundesrät:innen auf, zu denen der Bauernverband nun direkten Zugang habe: «Winzer Parmelin, Agronom Rösti und Schwarznasenschafhalterin Baume-Schneider».
Kann man machen. Muss man aber nicht.
Bettina Büsser
Redaktorin EDITO
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