«Brief an …» – 20.01.2016

"Ödsümpfe der Stumpfheit"

Sascha Lobo, "Spiegel"-Kolumnist, ruft um Hilfe. Genauer: Er richtet einen Hilferuf an die "mindestens durchschnittlich Begabten".

Denn Lobo hat sich wieder einmal mit den Social-Media-Kommentaren auseinandergesetzt. Und ortet "ausgedehnte Ödsümpfe der Stumpfheit" in der Kommentarlandschaft, wo nicht nur beim Facebook-Auftritt von Pegida "mit der Radikalisierung offensichtlich auch jeder Restsinn für gesellschaftliche Diskussionen" implodiert sei und "den Kommentatoren auf der Seite oft selbst die elementarsten Dialogfähigkeiten fehlen".

Leider, so Lobo, betreffe "die Abwesenheit jeder Argumentation nicht nur die rechtspopulistischen Horden im Netz, bei denen es mir gut in mein politisches Konzept passt", sondern auch Leute, "von denen man es nie gedacht hätte, sind plötzlich in der Lage, Chemtrails nahtlos in ihr Weltbild einzufügen".

Doch eine OECD-Statistik lässt ihn hoffen: Danach sind in allen Ländern die Social-Media-Nutzer gebildeter als der Bevölkerungsdurchschnitt – mit Ausnahme von Deutschland: "Ausgerechnet hier ist es andersherum: je dümmer, desto Social Media", so Lobo.

Deshalb ruft er die "zurechnungsfähigen Teile der Bevölkerung dort draußen, die es ja offenbar gibt" dazu auf, ins Netz zu kommen: "Diskutiert mit, redet mit, zeigt euch! Lasst uns nicht allein mit den stumpfen Horden. Kommt! Wir halten nicht mehr lange durch im digitalen Stalingrad der Vollidiotie."

Das ist natürlich fürchterlich polemisch. Und laut der OECD-Statistik – die eigentlich die Ausbildung der Social-Media-Nutzer und nicht deren Dummheit misst –  sind die Verhältnisse in der Schweiz nicht ganz so wie in Deutschland: Hier halten sich bei der Nutzung von Social Media Leute mit keiner oder niedriger Schulbildung und Leute mit höherem Bildungsstand ziemlich genau die Waage.

Dennoch: Wer sich – am Stück – hie und da länger in hiesigen Foren und Social-Media-Kommentaren umschaut, wird Lobos Furor wahrscheinlich nachvollziehen können. Und den Text deswegen geniessen. Weil es gut tut, Konsternation, Frust und Wut über solche Kommentare mal rauszubrüllen. Oder zumindest einen entsprechenden "Rausbrüll" zu lesen.

 

Bettina Büsser

Redaktorin EDITO

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