Der Stiftungsrat des Schweizer Presserats hat ein Reformpaket verabschiedet, das ab 1.1.2020 schrittweise umgesetzt werden soll. Gemäss der am Montag veröffentlichten Pressemitteilung reagiert er damit auf die steigende Zahl hängiger Beschwerden und die Herausforderungen der zunehmend digitalisierten Medienwelt. Der Presserat will die Verfahren beschleunigen und sich stärker in medien- und berufsethische Debatten einmischen. Das Präsidium wird neu strukturiert und die leicht aufgestockte Geschäftsstelle erhält mehr Kompetenzen. Zur Sicherstellung der dafür benötigten zusätzlichen Mittel zählt das Selbstregulierungsorgan der Schweizer Medienbranche auch auf die Unterstützung durch die indirekte Medienförderung des Bundes.
Die Stiftung Schweizer Presserat, die sozialpartnerschaftlich von journalistischen Berufsverbänden und Gewerkschaften, Arbeitgeberorganisationen und einzelnen Medienunternehmen getragen wird, reagiert auf die seit Jahren anhaltend hohe Zahl von Beschwerden, deren Bearbeitung u.a. auch als Folge der generellen Tendenz zur Verrechtlichung im Medienmarkt aufwändiger geworden ist. An seiner Sitzung vom 28. November in Zürich hat der Stiftungsrat eine Reihe von Massnahmen verabschiedet, die einerseits die Verfahrensdauer bei der Beschwerdebehandlung verkürzen, andererseits die Relevanz und das Gehör des Presserates in medien- und berufsethischen Fragen verbessern sollen.
Zusatzmittel zur raschen Erledigung hängiger Fälle
Als Sofortmassnahme gegen die über die letzten Jahre stark angestiegene Zahl hängiger Verfahren hat die Stiftung bereits im laufenden Jahr Zusatzmittel gesprochen, um den Pendenzenberg rasch abzubauen. Diese Massnahme wird um ein Jahr bis Ende 2020 verlängert. Bis Ende November 2019 sind bereits 112 neue Beschwerden eingereicht worden, rund die Hälfte konnte erledigt werden. Derzeit sind noch rund 80 Fälle pendent. Künftig sollen von Eingang der Beschwerdeantwort bis zur Veröffentlichung im Regelfall max. sechs Monate vergehen, wobei einfachere Fälle noch rascher erledigt werden sollen.
Angepasste Verfahrensregeln
Komplexe und neuartige Fälle, die ohne anwaltschaftliche Vertretung für die Beschwerdeführer auch weiterhin kostenlos bleiben sollen, würden wie bisher durch drei sprachlich-regional gebildete Beschwerdekammern behandelt. Diese würden weiterhin aus Berufsleuten und Publikumsvertreterinnen zusammengesetzt sein, neu aber bis zu 12 Mal pro Jahr tagen. Einfache Fälle sollen künftig durch die Geschäftsführung behandelt. Unverändert bleibe, dass zwei Mitglieder des Presserates verlangen könnten, dass Beschwerden vom Plenum behandelt würden.
Die notorisch überlastete Geschäftsstelle mit Sitz in Bern soll mit einer juristisch-journalistischen Fachkraft aufgestockt werden. Derzeit leiste sich der Presserat eine fest angestellte Geschäftsführerin sowie eine Teilzeit-Assistenz.
Erneuerung des Präsidiums
Das Präsidium werde künftig drei Personen umfassen: Präsidentin als Vorsitzende von zwei Kammern für die Behandlung von Beschwerden in deutscher und rätoromanischer Sprache; Vizepräsident als Vorsitzender der französisch-italienischen Kammer sowie eine Geschäftsführerin.
Den Presserat nach aussen repräsentierte wie bisher der Präsident beziehungsweise die Vizepräsidentin, während die Geschäftsstelle für die Kommunikation zuständig sei. Der Stiftungsrat wünsche dabei, dass der Präsident sich auch vermehrt und pro-aktiv zu medien- und berufsethischen Grundsatzfragen äussere.
Zeitgemässe Governance
Auf Ebene der Stiftung werd eeine zeitgemässere Governance eingeführt. Der bisher bestehende Stiftungsratsausschuss werde auf fünf Mitglieder verkleinert, welche neu als Delegierte des Stiftungsrates (und nicht der Träger) über die Geschäftsführung des Presserates wachen und gegenüber dem Stiftungsrat sämtliche relevanten strategischen Weichenstellungen vorbereiten würde. Die Mitglieder werden jeweils für eine Amtsdauer von zwei Jahre durch den Stiftungsrat gewählt. Weiterhin strikt keinen Einfluss nehme der Stiftungsrat oder der Ausschuss auf die inhaltliche Arbeit des Presserates.
Antrag auf zusätzliche Bundesmittel
Die Stiftung Schweizer Presserat wolle die Reform schrittweise und im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten bis 2022 umsetzen. Nach Jahren eines strukturellen Defizits sei das Budget der Stiftung derzeit wieder knapp ausgeglichen, bei allerdings deutlich geschrumpftem Stiftungskapital.
Für die geplanten Massnahmen seien deshalb zusätzliche Mittel notwendig. Die Stiftung beantrage daher beim Bund eine Unterstützung durch die indirekte Medienförderung. Seine Leistungen – die Sicherstellung berufs- und medienethischer Standards und die Pflege des Verständnisses für deren Wichtigkeit in der Öffentlichkeit – würden nicht einfach nur der Branche und der Glaubwürdigkeit der Medien dienen, sondern der Gesellschaft als Ganzes, ihrer Informiertheit und der demokratischen Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern. Er sei somit auch ein unverzichtbarer Bestandteil des medialen Service Public. (MM)
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