In mehreren Artikeln macht die BaZ dem Baudepartement Basel massive Vorwürfe. Nur scheinen die von der Zeitung präsentierten Fakten falsch. Aber das ist der BaZ offenbar egal. Von Philipp Cueni
Eine Artikel-Serie der BaZ berichtet über angebliche Budgetüberschreitungen und Missbrauchvon Steuergeldern im Bau- und Verkehrsdepartement Basel-Stadt. Verschiedene Medien haben die BaZ-Vorwürfe kritisch hinterfragt. Das Departement selbst dementiert die Behauptungen der BaZ klar und erwägt gegen die Zeitung rechtliche Schritte. Aber die BaZ selbst beharrt auf ihrer Darstellung. Eine genaue Betrachtung dieser Ereignisse zeigt, wie die Basler Zeitung arbeitet. Der Befund schockiert.
Jeder Redaktion kann ein Fehler unterlaufen. Und elbstverständlich ist richtig, dass Medien genau hinsehen sollen, wenn sie vermuten müssen, dass unsaubere Machenschaften ablaufen. Heikler wird es, wenn entschieden wird, einen mässig belegten Verdacht zu einer Story mit harten Beschuldigungen auszubauen.
Am 18. Februar hat die BaZ den Vorsteher Hanspeter Wessels (SP) und die Geschäftsleitung des Bau- und Verkehrsdepartementes (BVD) schwer beschuldigt. Das hat sofort Reaktionen ausgelöst: Andere Medien haben auf Fehler im Bericht der BaZ hingewiesen, das betroffene Departement hat Gegendarstellungen verschickt, ein ehemaliger CVP-Regierungsrat bezeichnet in einem Leserbrief "diesen Journalismus für bedenklich". Die Geschichte der BaZ ist von der Faktenlage her inzwischen völlig in sich zusammengebrochen. Die BaZ allerdings lässt sich davon in keiner Weise beeindrucken: Keine Richtigstellung zu offensichtlich falschen Aussagen und Dokumenten, keine Relativierung der Story, keine Entschuldigung. Im Gegenteil: die Geschichte wurde munter weitergetrieben, es wurden neue Aussagen aufgetischt, die sich am Folgetag als leere Floskel erwiesen, und vor allem wurde einfach weiter gegen alle Fakten an ihrer Darstellung festgehalten.
Die BaZ hat damit nicht nur ein Departement und einige seiner Mitarbeiter und deren PartnerInnen ungerechtfertigt beschuldigt, nicht nur seine Leser falsch informiert und damit getäuscht, nicht nur journalistische Regeln missachtet – die BaZ hat mit diesem Verhalten dem Journalismus geschadet.
Eine solche Beurteilung muss allerdings gut begründet sein. Was ist denn überhaupt genau abgelaufen?
Harte Vorwürfe
Gross aufgemacht war am 18. Februar der Artikel der BaZ unter dem Titel "Das Schwedenreisli des Hans-Peter Wessels – Auf Staatskosten reist die Geschäftsleistung des Baudepartements mit Partnern in den hohen Norden". Hans-Peter Wessels (SP) ist Regierungsrat des Kantons Basel-Stadt.
Die beiden Journalisten Daniel Wahl und Aaron Agnolazza (der gleichzeitig Einwohnerrat der SVP in Riehen ist) fahren happige Vorwürfe auf:
– Die Geschäftsleitung des Bau- und Verkehrsdepartementes (GL BVD) halte ihr 3-tägiges Fachseminar in Stockholm ab und residiere im Viersternehotel zu 370 Franken pro Nacht im Doppelzimmer.
– Die erweiterte Geschäftsleitung werde von den PartnerInnen begleitet, es gehe um insgesamt 36 Personen. Einer von drei Tagen gehe zu Lasten der Freizeit.
– Das Budget betrage 13’000 Franken, aber gemäss Berechnungen der BaZ würde das Budget durch die Kosten für Hotel und Reise bereits um 8000 Franken überzogen und mit dem Programm vor Ort "dürfte es nochmals gut um die Hälfte überstiegen werden."
– Belegt wird der Text mit einem Bild der Teilnehmerliste und den Namen der erweiterten Geschäftsleitung inklusive den begleitenden PartnerInnen (diese Namen allerdings geschwärzt).
Zwar kommt das Departement im Artikel zu Wort – ohne allerdings alle Vorwürfe zu kennen. Aber die BaZ kontert im gleichen Text, diesen Aussagen (des Departements) würden Informationen der BaZ entgegenstehen.
Das Departement reagiert
Am gleichen Tag noch reagiert das BVD mit einer Gegendarstellung und eine Liste, in welcher sie die Falschaussagen der BaZ den eigentlichen Fakten gegenüberstellt.
Die BaZ setzt am Folgetag die Geschichte fort, geht nur kurz auf die Gegendarstellung des BVD ein: Das BVD dementiere die Darstellung der BaZ, die Redaktion halte an ihrer Darstellung fest.
Auf Grund der vom BVD vermailten Unterlagen reagieren andere Medien und formulieren Zweifel an den Aussagen der Basler Zeitung – einige Aussagen der BaZ werden sogar klar widerlegt.
Im Regionaljournal von Radio SRF sagt der Hausjurist der Basler Zeitung, der Anwalt Martin Wagner: "Unsere Quellenlage ist wasserdicht, unser Bericht ist wahr in allen Teilen." Und er kündigt an, die BaZ wolle am nächsten Tag "nochmals beweisen, dass sie richtig liege."
Diese Ankündigung von Martin Wagner wird am Folgetag aber nicht eingelöst. Zwar werden in einem neue Artikel einige Einwände des Departements zitiert, und die BaZ relativiert sogar etwas: Das Departement habe – zwar erst später, aber dennoch – beschlossen, dass die Flugkosten für mitreisende Partner privat beglichen würden, um allfällige Vorwürfe zu entkräften. Dafür tischt die Zeitung einen neuen Aspekt der Story auf – garniert mit grossem Bild: ein Amtsleiter (mit Namensnennung) des Departements pendle jeweils am Wochenende nach Schweden, wo er eine Pferderanch besitze. Was das mit der eigentlichen Geschichte zu tun hat, bleibt zwar ungeklärt. Aus dem Departement erfährt man aber später, dass Frau und Tochter dieses Amtsleiters in Schweden wohnen – was eindeutig Privatsache ist und mit der Stockholm-Reise der Departements-GL nichts zu tun hat.
Am zweiten Tag nach Publikation der Story findet sich in der BaZ nichts zum Thema. Das BVD reagiert nochmals mit einer Gegendarstellung und schreibt: "Das BDV besteht auf einer Gegendarstellung zu den von der BaZ wiederholt publizierten Falschaussagen".
Die BaZ bleibt bei ihren Aussagen
Am Folgetag, vier Tage nach dem ersten Artikel in dieser Sache, publiziert die BaZ dann die Gegendarstellung des Departements, nachdem sie offenbar zuerst eine längere Version des BVD abgelehnt hatte. Das BVD weist dabei auch auf offensichtliche und eindeutige Fehler in der Berichterstattung der BaZ hin. Dennoch setzt die Redaktion unterhalb der Gegendarstellung trotzig folgenden Satz hin: "Die Redaktion hält an ihrer Darstellung fest".
Weitere drei Tage später, am vergangenen Dienstag (25. Februar), zitiert der Kleinreport Martin Wagner von der BaZ wie folgt: Die BaZ halte an ihrer Darstellung fest, dank der BaZ werde "aus dem ursprünglich geplanten Grossanlass nun plötzlich eine simple Fachtagung für eine Handvoll Beamte". Die BaZ stütze sich auf mehrere Quellen aus dem Umfeld von Regierungsrat Wessels. "Wir haben die Geschichte doch nicht einfach erfunden", so Wagner im Kleinreport selbstsicher.
Wichtige Details
Selbstverständlich ist es richtig zu hinterfragen, warum ein Departement aus Basel seine Tagung in Stockholm durchführt. Das BVD kann dafür einleuchtende Parallelen in der Stadtplanung der beiden Städte geltend machen. Entscheidend für die Qualität der Story ist aber, ob tatsächlich zumindest früher geplant war, die PartnerInnen auf Staatskosten mitreisen zu lassen und das Budget massiv zu überziehen. Zu diesen Punkten hat die BaZ zuerst einmal falsche Belege präsentiert: Der Preis für die Hotelzimmer wurde mehr als doppelt zu hoch angegeben, als er vom BDV tatsächlich bezahlt worden ist. Und die präsentierte Liste mit den TeilnehmerInnen der Reise (Zitat BaZ: "Der BaZ liegt die detaillierte Teilnehmerliste der Reise … vor".) erwies sich als Einladungsliste zum Weihnachtessen. Das sind peinliche Fehler, welche nicht für eine seriöse Recherche sprechen. Die BaZ behauptet aber, das Überziehen des Budgets und die Einladung an die PartnerInnen seien ursprünglich so geplant gewesen. Für diesen zentralen Vorwurf präsentiert die BaZ aber keine Belege. Das BDV hingegen argumentiert so: Nein, das sei nie so geplant gewesen. Für diese Unterstellung könnten auch unmöglich Belege existieren. Dass PartnerInnen zu Reisen der Geschäftsleitung eingeladen würden, sei in der langen Geschichte dieser Fachtagungen nie vorgekommen. Zudem sei das Budget für die Tagung ja eingegeben worden – in gleicher Höhe wie in den vergangenen Jahren – und dessen Einhaltung werde von den Kontrollstellen genau überprüft.
Es ist eine etwas spezielle Situation: Der "Kläger" belegt seine Vorwürfe nicht – der Beschuldigte muss aber belegen können, dass er etwas nicht gemacht habe.
Natürlich hat Edito.ch auch bei der BaZ nach deren Argumenten angefragt. Insbesondere wollen wir wissen, wie die Zeitung diese Vorwürfe belege. Und warum sie jene Aussagen, welche gemäss der Faktenlage offensichtlich falsch sind, nie berichtigt habe. Wir haben nochmals nachgefragt, was denn aus Optik der Redaktion an den Vorwürfen stimme und was nicht. Die Antwort: "Kein Kommentar."
Die BaZ hat also mit falschen Dokumenten und Fakten argumentiert, sie hat ohne Belege massive Vorwürfe gegenüber einem Regierungsrat und seinem Departement erhoben, die BaZ hat ihre falschen Behauptungen weder dementiert noch den realen Sachverhalt richtig dargestellt. Und ob sie die falsch Beschuldigten adäquat hat zu Wort kommen lassen, muss zumindest bezweifelt werden.
Unter Journalismus stellt man sich eigentlich etwas anderes vor, als was die BaZ in diesem Fall geboten hat.
8 Kommentare
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Martin Wagner ‐ 5. März 2014, 05:07 Uhr
Cueni verweist auf den Bericht im Kleinreport und verschweigt, dass die BaZ Wessels frühzeitig ein längeres Interview zur Darstellung seiner Position angeboten hat. Stattdessen hat sich Wessels mit der Minimalvariante “Gegendarstellung” begnügt! Wer sich wie Cueni zum Lehrer aufspielt, sollte vom Basiswissen eine Ahnung haben. Qualifiziertes Verschweigen verträgt sich offensichtlich mit Journalismus nicht. Cueni schockiert.
Martin Wagner BaZ-Anwalt
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Redaktion Edito
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02.03.2014