Die Direktorin des Verlegerverbandes geht bereits nach kurzer Amtszeit – ausgerechnet zum Hause Ringier, das den Verband wegen Differenzen verlassen hatte. In einem internen Brief übt sie deutliche Kritik am Kurs des Verbandes.
Von Philipp Cueni
Der Verlegerverband strudelt weiter. Die Meldung des Tages heisst: Die Direktorin des Verbandes ("Schweizer Medien") verlässt die Verleger nach nicht einmal zwei Jahren wieder. Sie wechselt zu Ringier, also ausgerechnet zu jenem Verlag, welcher aus dem Verlegerverband ausgetreten ist. Dort übernimmt sie den Bereich "Public Affairs", wird also in zentraler Funktion die Medienpolitik prägen. Und genau aus medienpolitischen Differenzen ist Ringier aus dem Verlegerverband ausgetreten.
Es kommt noch schlimmer: Vonarburg kommentiert im Communiqué des Verbandes (!) ihren Abgang so: «Nach meinem Dafürhalten täte der Verband gut daran, stärker nach Verbündeten Ausschau zu halten und konstruktiv-innovativ zu Gunsten des Medienplatzes Schweiz unterwegs sein." Das ist selten, dass eine scheidende Funktionärin im offiziellen Schreiben des Verbandes diesen gleich auch noch kritisiert. Interessanterweise nimmt sie den Präsidenten des Verbandes, Hanspeter Lebrument, ausdrücklich von dieser Kritik aus – und eben dieser Lebrument wird im Communiqué als Kontaktperson für Nachfragen angegeben.
Wen will also Vonarburg mit ihrer Kritik treffen? Andere Vorstandsmitglieder oder den Vizepräsidenten Pietro Supino? Inhaltlich kann die Aussage leicht interpretiert werden: Vonarbug hatte offenbar Mühe mit der Verlegerpolitik, welche vor allem die SRG angriff und damit auch die Abspaltung von Ringier provozierte. Verbündete über die eigenen Verbandsmitglieder hatte "Schweizer Medien" kaum.
Diese Interpretation ist inzwischen durch einen internen Brief gestützt, den die scheidende Direktorin an den Vorstand des Verbandes geschrieben hatte. Dieser liegt EDITO inzwischen vor. Verena Vonarburg schreibt: "Ich verhehle allerdings nicht, dass mich die jüngsten Entwicklungen innerhalb des Präsidiums und innerhalb des Verbandes mit Sorge erfüllen, und dass ich gewisse jüngste Entscheidungen nicht mehr vollständig mittragen konnte. Ich bin nicht der Meinung, dass das geplante Joint Venture die Existenz der privaten Medien in der Schweiz in Frage stellt, wie das in der Eingabe des VSM formuliert ist."
Zur internen Situation schreibt Vonarburg: "Unser Verband lebt vom inneren Gleichgewicht und von einem gegenseitigen Vertrauen innerhalb des Präsidiums. Dieses ist seit der Klausur gestört. Der Präsident versucht seither unermüdlich, die Wogen zu glätten."
Der Verlegerverband zeigt seit einiger Zeit Krisensymptome. Der Abgang von Vonarburg erinnert an den Abgang ihres Vorgängers, welcher offensichtlich nach Differenzen über das Vorgehen im Dossier Sozialpartnerschaft ebenfalls mit Nebengeräuschen gegangen ist. Auch im assoziierten Medieninstitut sind die Leiter nicht lange geblieben. Und bei der Nachfolge des Verbandspräsidenten Lebrument, dessen Amtszeit bald abläuft, ist kein Kronprinz auszumachen. Der Austritt von Ringier hat den Verband geschwächt. Von der Medienministerin musste man sich am letzten Kongress eine Schelte anhören. Und das ganze Prozedere an jenem Kongress in Sachen "GAV-Verhandlungen" war eher peinlich.
Schadenfreude ist fehl am Platz. Ein schlingernder Verlegerverband ist weder für mögliche Verbündete zur Stärkung des Medienplatzes Schweiz noch für die Sozialpartner noch für die anstehenden Entscheide in der Medienpolitik wünschenswert. Man darf gespannt sein, wer bei "Schweizer Medien" das Ruder in die Hand nimmt.
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