Verlegerkongress mit einigen Überraschungen. Zum Thema Presserat, bei der Vorstandswahl, zum Thema GAV, bei Voten zum Service public.
Von Philipp Cueni
Das ist bereits überraschend: Am Verlegerkongress gab es eine Handvoll Überraschungen. Nummer 1: Bei der Präsidiumswahl wurde zwar erwartungsgemäss Pietro Supino (Tamedia) als neuer Präsident gewählt. Überraschend war aber eine Bewerbungsrede von Caspar Surber (WOZ) für die Wahl in den Vorstand, welche auf grosse Beachtung stiess. Dennoch erhielt er nur 7 von 75 Stimmen. Die Rede demnächst auf edito.ch
Nummer 2: Der Verlegerverband hat seinen Beschluss zum Austritt aus dem Presserat rückgängig gemacht. Offenbar hat es auch aus der Verlegerbasis Proteste gegeben. Dennoch war – gemäss NZZ – der Vorstandsbeschluss zum Verbleib nicht einstimmig gefallen, sondern – überraschend – gegen die Stimmen von Präsident (Lebrument), Vizepräsident (Supino) und Markus Somm.
Nummer 3: Der Verlegerverband ist bereit mit impressum und syndicom Verhandlungen über einen GAV aufzunehmen. Es liegt eine "Diskussionsgrundlage" vor – übrigens ebenso bei den beiden Gewerkschaften. Wenn man diesen Beschluss mit den fundamentalen Äusserungen der letzten Jahre vergleicht, ist das eine kleine Revolution. Ob sich die beiden Seiten dann auch materiell einigen können, ist offen.
Nummer 4: An einem Podium am folgenden "Swiss Media Forum" zum Service public zeigten sich bei den Positionen auf der Verlegerseite neue Differenzierungen. Ein klares Bekenntnis zum Service public und zur SRG statt der üblichen Beschimpfungen der SRG an den Kongressen der vergangenen Jahre. Man wolle aber keine Ausweitung der SRG und keine Kommerzialisierung im Internetbereich. CEO-Ringier Marc Walder, bekanntlich nicht mehr im Verlegerverband, ging weiter: "Wir wollen mit der SRG Kooperation statt Konfrontation". Beim Streitpunkt Nummer 1, der Vermarktungsplattform "Admeira" von SRG/Swisscom/Ringier gaben sich die Verleger offener als sonst: NZZ-CEO Veit Dengler liess ich kein "No" zu einem späteren Beitritt der NZZ zu Admeira entlocken. "Admira existiert jetzt halt. Also anschauen und nichts ausschliessen." "Wir sind im Gespräch" sagte Pietro Supino und schob gegenüber AZ Medien noch nach: es sei nicht ausgeschlossen, dass sich eines Tages vielleicht auch Tamedia an Admeira beteilige.
Übrigens: Auch die SRG-Ringier-Seite formulierte sanfter: War früher eine Öffnung des Admeira-Verwaltungsrates keine Option, zeigte sie sich dazu grundsätzlich bereit.
Schliesslich Überraschung 5: "Wir stehen (mit den Medienhäusern) in der Schweiz sehr, sehr gut da" sagte der neue Verlegerpräsident Pietro Supino. Und: "Ich mache mir keine Sorgen, dass wir unsere Leistungen nicht mehr bringen können." Das sind andere Töne als die gängige Klageleier der Verleger in den letzten Jahren. Dennoch darf man sich nicht einfach freuen. Supino sagte auch: "Wir müssen bessere Leistungen mit weniger Leuten erbringen können." Die Information zu einem Abbau von Tamedia in der Romandie ist auf kommende Woche angekündigt.
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