Zu den Befunden des Jahrbuchs "Qualität der Medien" äussern sich die üblichen Verdächtigen. Was meint die Leserschaft von EDITO+KLARTEXT dazu? Und was meinen Sie? Antworten sind gefragt (#JahrbuchEK). Von Bettina Büsser
1. Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
2. Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
3. Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
4. Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Diese vier Fragen haben wir an eine zufällige Auswahl von unseren Leserinnen und Lesern gestellt – sechs von ihnen haben sie beantwortet. Sie finden eine Zusammenfassung der Antworten in der aktuellen Ausgabe von EDITO+KLARTEXT – und die ausführlichen Antworten weiter unten.
Wir möchten noch mehr Antworten auf die vier Jahrbuch-Fragen, möchten, dass sich unter dem Stichwort #JahrbuchEK nicht die "üblichen Verdächtigen" (Chefredaktoren, Verleger, Medienjournalisten), sondern möglichst viele Journalistinnen und Journalisten aus der Praxis zum Jahrbuch äussern.
Deshalb: Bitte beantworten Sie die vier obenstehenden Fragen im Kommentarfeld zu diesem Artikel.
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Hier die ausführlichen Antworten der sechs EDITO+KLARTEXT-LeserInnen, die sich auf den Mail-Aufruf von EDITO+KLARTEXT gemeldet haben:
David Bruderer, Sportredaktor im Teilzeitpensum bei der "Zürichsee-Zeitung" (Zürcher Regionalzeitungen AG):
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Nein, denn derzeit läuft bei mir privat und beruflich grad sehr viel, so dass mir die Zeit für solche (eigentlich wichtigen) Dinge fehlt.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Ja, nur erlebe ich in meinem Alltag, dass aus Kostengründen die Qualität oft zu kurz kommt.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Da ich das Jahrbuch nicht gelesen habe, kann ich die Frage nicht beantworten.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Qualität muss gerade in den Printmedien intern ein Thema sein – wie sollen sie sich sonst vom ganzen Online- und Gratisblättli-Müll abheben?
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Eugen Kiener, bis 2014 Leiter Kommunikation beim Schweizerischen Samariterbund, nun bis Ende Januar 2015 Redaktor der Verbandszeitschrift "samariter"
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Vom Erscheinen des Jahrbuchs weiss ich aus den Medien, die ich regelmässig verfolge: "Tages-Anzeiger", Radio SRF und WOZ.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Ja.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Im Bewusstsein, dass ich mich weder mit dem Jahrbuch, noch mit der Medienqualität vertieft befasst habe, teile ich dessen Einschätzung, wie ich sie wahrnahm.
Gelegentliche Blicke in die Gratismedien, in die SRF-"Tagesschau" und in andere Medien bestätigen mir die starke Oberflächlichkeit, die Ausrichtung auf Boulevard-Themen. Man orientiert sich an der Tagesaktualtiät, an dem, was auch die andern machen und greift kaum noch eigene Themen auf.
Als Mediensprecher eines Verbandes fällt mir auf, dass meine Aussagen von den Meidenleuten kaum mehr kritisch hinterfragt werden. Es ist schon vorgekommen, dass ich den Text, welcher dann in einem Gratisblatt erschien, selber definitiv formulieren konnte.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Diskussionen um die Qualität gehören zu jedem Produkt, das sich verkaufen will. Gerade Journalistinnen und Journalisten, die ja oft über andere berichten, die bei der Qualität ihrer Produkte sündigen, sollten sich regelmässig kritisch mit ihrer eigenen Arbeit auseinandersetzen.
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René Schell, Gesamtprojektleiter für den neuen Studiostandort von SRF Kultur in Basel und Mitarbeiter bei Projekten an der Schnittstelle Programm/Technik/IT
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Ja. Ich habe Berichte und Kommentare dazu gelesen und die Hauptbefunde aus dem Jahrbuch selbst.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Diese Forschung ist notwendig, denn ihre Ergebnisse sind methodisch nachvollziehbar und bieten dadurch eine wichtige – aber nicht die einzige – Grundlage zur Reflexion über die Medien in diesem Land.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Die Befunde sind nachvollziehbar, methodisch und faktisch belegt und decken sich in vielem mit meinen eigenen Beobachtungen und Erfahrungen.
Aber: Aus den Befunden folgen teils fragwürdige Aussagen, zugespitzt und pauschaliert. Zum Beispiel werden Unterhaltung und Informationsjournalismus als Antipoden dargestellt: Unterhaltung = schlecht, emotional und billig, Informationsjournalismus = gut, sachlich und wertvoll. Nimmt man aber die Kriterien des Informationsjournalismus, auf die sich die Autoren selbst stützen, und fragt konkret danach, wieviel und in welcher Weise wir zur Aufklärung, zur Meinungsbildung, zur Einordnungskompetenz der Menschen beitragen, löst sich dieser Gegensatz weitgehend auf.
Entscheidend sind Inhalt und Gehalt, nicht Formate oder die Kategorisierung nach journalistischen Genres. Gesellschaftlich relevante Fragen können nicht nur hier oder dort gestellt und beantwortet werden. Diese Differenzierung fehlt mir.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Wir Journalisten sollten sie diskutieren und vor allem ernst nehmen. Wir müssen die Diskussion auch mit unseren Verlegern, Geschäftsleitungen und den Wissenschaftlern führen. Wünschenswert wäre eine breite Diskussion in der Öffentlichkeit. Wir Journalisten brauchen diese Auseinandersetzung; denn daraus ziehen wir letztlich das Vertrauen, auf das die Medien dringend angewiesen sind.
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Daniel Wahl, Co-Leiter Ressort Baselland, "BaslerZeitung"
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Ehrlich gesagt: nein. Während das Jahrbuch in den vergangenen Jahren in den Medien selbst ein Thema war und mein Interesse geweckt hat, vermochte die Publikation 2014 in unserem ganzen Umfeld keine Aufmerksamkeit zu generieren.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Forschung über Medienqualität ist generell wichtig, denn sie führt zum Nachdenken über das eigene Schaffen. Das ist Grundlage für das kulturelle Bewusstsein unserer Branche und Basis für Fortschritt. Nun hat sich aber foeg um Kurt Imhof in den vergangenen Jahren mit Kurzschlüssen und Fehlinterpretationen – für die er von verschiedenster Seite kritisiert wurde – sowie einer fragwürdigen Erhebungsmethodik ins Abseits gestellt. Man darf also diese, seine Forschung in Frage stellen.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Ich kenne die neuen Befunde nicht.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Sie müssen diskutiert werden. Nicht nur in den Redaktionen, auch in der Öffentlichkeit. Journalisten haben generell einen schlechten Ruf in der Gesellschaft. Es ist nur transparent, wenn auch die Öffentlichkeit mitbekommt, dass die Medienbranche – ohne sich selbst zu wichtig zu nehmen – über ihr Selbstverständnis und ihr Handwerk nachdenkt.
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Barbara Weber-Ruppli, Journalistin/Autorin
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Den Befund 2014 zu "Qualität der Medien" habe ich nicht gelesen. Wohl aber die Berichterstattung darüber in verschiedensten Medien verfolgt. Ich stütze mich bei den folgenden Antworten also auf Zusammenfassungen, Interpretationen und eigene Erfahrungen zum Thema.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Eine kritische Beobachtung und Begleitung der Entwicklung unserer Medienlandschaft tut Not! Obwohl sich der Zeitgeist (einer Wohlfühlgesellschaft) davon wohl kaum beeindrucken lässt.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Der als besorgniserregend eingestufte Befund des FÖG trifft ziemlich genau meine persönliche Einschätzung. Allerdings gehöre ich zur alten Journalisten-Gilde und habe festgestellt, wie insbesondere jüngere BerufskollegInnen wenig Bedenken haben, mit der vom FÖG konstatierten Marschrichtung zu leben.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Die Diagnose der Medienwissenschaft soll breit diskutiert werden. Stimmt ihr Urteil – woran ich persönlich nicht zweifle – werden Redaktionen und Medienschaffende dann Kursänderungen vornehmen, wenn sie sich selbst sowie Politik, Gesellschaft und Wirtschaft an der eingeschlagenen Richtung stören.
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XY (möchte anonym bleiben), Publizist, pensioniert
Ende Oktober ist die Ausgabe 2014 des Jahrbuchs "Qualität der Medien" erschienen – haben Sie sich darüber informiert?
Nein; aber ich habe mir vor der Beantwortung der Fragen die Hauptbefunde heruntergeladen und angesehen.
Finden Sie es wichtig und richtig, dass es diese Forschung über Medienqualität gibt?
Ja. Der vorliegende Band 2014 enthält offensichtlich reiches Informationsmaterial, auf das man sich in Diskussionen zum Thema Medienqualität berufen kann. Das ist nach meiner Meinung in der heutigen Situation der Medien sehr wichtig.
Teilen Sie die Befunde des Jahrbuchs oder schätzen Sie die Situation der Medienqualität ganz anders ein?
Die Befunde bestätigen voll meinen persönlichen Eindruck. Ich finde sie als Argumentationshilfe wertvoll.
Sollten die Befunde des Jahrbuchs auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert werden oder ist das Sache der Medienwissenschaft?
Sie sollten auf Redaktionen und unter Medienschaffenden diskutiert, aber auch einer breiteren Öffentlichkeit bekanntgegeben werden. Die Befunde sind eine Momentaufnahme in einer langen Entwicklung, die von vielen verharmlost, bestritten oder totgeschwiegen wird. In unserer Gesellschaft interessiert die Frage der Medienqualität ja kaum jemanden wirklich. Und die Kräfte, die Qualitätsjournalismus bewusst und unbewusst behindern oder verhindern, sind sehr stark. In dieser Situation sind qualitätsbewusste Medienschaffende zunehmend zu einer kaum zumutbaren Sisyphusarbeit verurteilt. Informationen und Diskussionen über die im Jahrbuch enthaltenen Ergebnisse könnten vielleicht dazu beitragen, dass sich hier langfristig etwas ändert.
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Beantworten auch Sie die vier Fragen, schreiben Sie Ihre Antworten ins Kommentarfeld zum Artikel und beteiligen Sie sich an der #JahrbuchEK-Diskussion!
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