Journalismus aus der Zukunft – 14.03.2016

Adblocker sorgen für bessere Werbung

«Die Werbung ist inzwischen so zahlreich geworden, das sie kaum mehr wahrgenommen wird – weshalb zur Erregung von Aufmerksamkeit die Versprechungen gesteigert werden.» Der Satz stammt aus dem 18. Jahrhundert: Vom britischen Gelehrten Samuel Johnson.

Das Problem heute ist ein anderes: Die Werbung kann von den Menschen mit technischen Mitteln ausgeblendet werden. Am TV durch Videoaufzeichnungssysteme, im Internet durch Adblocker.

Das sind Programme, die Werbung in Webseiten erkennen und noch vor dem herunterladen blockieren. Der Vorteil: Die Webseiten sind nicht nur werbefrei, sondern auch noch sehr viel schneller geladen. Der Nachteil: Dem Websitebetreiber entgehen sämtliche Werbeeinnahmen – denn Online-Werbung wird nur bezahlt, wenn sie dem Leser auch auf den Rechner geschickt wurde. Oder aufs Smartphone: Immer mehr greift das Adblocking auch auf den Mobiltelefonen um sich.

Das Problem der Adblocker ist in aller Munde am SXSW in Austin (Texas) auch wenn die meisten der neuen, hippen amerikanischen Medien kaum betroffen sind: Sie verkaufen ohnehin in den journalistischen Inhalt eingebettete (native) Werbung. Zum Problem könnten die Blocker aber auch für Nichtregierungsorganisationen, für die Informationsabteilungen von Verwaltungen und für politische Parteien werden. Zum Beispiel für die Republikaner: In den USA ist die Verbreitung von Adblockern in jenen Staaten am höchsten, die auch die grössten demokratischen Mehrheiten aufweisen.

Die Verlage haben jedenfalls als erste ein  rasch wachsendes Problem. Derzeit betreiben im englischen Sprachraum fast 50 Prozent der 18-24 Jährigen einen Adblocker, die andern Altersgruppen liegen bei 20 Prozent, sagt James Schad von der britischen Agentur Vizeum.

Er mochte die Technologie der Adblocker nicht einfach verdammen, denn sie sei auch dazu angetan, die Konsumenten vor Spionage und Schadsoftware zu schützen. Und vielleicht, meinte er, schütze sie auch die Werbebranche davor, im eigenen nervigen Overkill unterzugehen. Denn immerhin zwingen die Adblocker die Werbeagenturen und ihre Kunden, sich vermehrt darum zu kümmern, dass das Publikum ihre Botschaften freiwillig konsumiere. Er rät

– den Verlegern:

  • Das Publikum mit allen Mitteln darüber aufzuklären, dass Werbung die Inhalte bezahlt
  • Die Konsumenten zu ermächtigen, die Werbung zu wählen oder auszuschalten
  • Die Publikation zu diversifizieren.

– den Werbeagenturen

  • Native Advertising zu buchen
  • Das Publikum um Erlaubnis zu fragen
  • Traditionelle Medien zu digitalisieren

– uns Konsumenten

  • Die persönlichen Daten zu verkaufen, statt sich von den aktuellen Statistik-Erfassern durchs Web verfolgen und mit Werbung eindecken zu lassen
  • Adblocker sorgfältig und im Bewusstsein anzuwenden, dass manche Site ihre Inhalte nur aufgrund der Werbeeinnahmen anbieten kann.

Oder, anders ausgedrückt: Schad hat ebensowenig einen Plan gegen Adblocker wie alle andern. Das Rezept im Kampf gegen die technischen Blocker heisst wohl ganz einfach: Macht Werbung, welche die Leute sehen wollen.

 

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