Der Bericht der Eidgenössischen Medienkommission zum Service public ist eine Vorlage an den Bundesrat. Und ein Plädoyer für den Status quo – wenigstens fast. Von Philipp Cueni
Mit Spannung hat man den Bericht der EMEK, der Eidgenössischen Medienkommission, zum Service public erwartet. Und dann relativiert sich die EMEK im ersten Satz gleich selbst: Ein "Diskussionsbeitrag" sei ihr Papier. Tatsächlich kann die EMEK keine Beschlüsse fassen und berichtet zu handen des Bundesrates. Dennoch hätte man von der Kommission ein etwas selbstbewussteres Auftreten erwarten dürfen.
Überraschungen bietet das Papier der EMEK keine. Dennoch ist der Bericht bemerkenswert, enthält Feststellungen und auch Empfehlungen.
Die EMEK wählt als Ausgangsbasis den demokratiepolitischen Ansatz: Ausgangspunkt sei "die Notwendigkeit qualitativ hochwertiger, vielfältiger und möglichst unabhängig produzierter und verbreiteter Medieninhalte." Dafür sei ein Mediensystem aus privaten und öffentlichen Medien unentbehrlich. Die EMEK spricht sich grundsätzlich für ein Fördersystem des ganzen Mediensystems aus, also für Radio/TV, Print und Online. Und sie spricht sich klar für einen umfassenden Service public aus: "Ohne Service-public-Angebote wäre die robuste mediale Abbildung der politischen Willensbildung gefährdet." Mit dem Vorschlag, ein Fördersystem für alle Medienbereiche aufzubauen, knüpft die EMEK an ihren ersten Bericht zum Thema "Presse" an.Somit behält sie weiterhin auch die Marktmedien auf ihrem Radar. Das ist insofern interessant, weil der Verlegerverband eine Förderung im Bereich Print nur sehr beschränkt will – in Form einer schwachen indirekten Presseförderung. Dennoch wiederholt die EMEK: Kurzfristig seien die journalistische Aus- und Weiterbildung, die Basisleistungen der Agentur sda und die Förderung von Innovationsprojekten zu bearbeiten, längerfristig die Förderung von publizistischen Startups, von herausragender journalistischer Leistung und speziell der publizistische Onlinebereich. Im Bericht nicht erwähnt, aber weiterhin auf der politischen Agenda steht die von der EMEK auch schon eingebrachte Idee einer Stiftung als öffentliches, aber nichtstaatliches Förderinstrument.
Im Bereich des Service public, dem Schwerpunkt dieses zweiten Berichts, stärkt die EMEK der SRG den Rücken. Sie schlägt das aktuelle Modell des Service public als beste Variante und beurteilt den momentanen Finanzierungsetat in etwa als angemessen. Und sie spricht sich "gegen eine prinzipielle Beschränkung der Service-public-Inhalte" aus, und dazu zählt sie auch "publizistische Online-Aktivitäten". Damit wendet sie sich gegen entsprechende Forderungen aus Verlegerkreisen, den Auftrag an die SRG zu beschränken.
Wenig steht im EMEK-Bericht darüber, wie denn genauer der Service public und die SRG ihren Auftrag ausgestalten sollen, ob und wie der Auftrag genauer formuliert werden soll. Wo sollte die SRG sich pointierter von Marktmedien abheben, wo weniger kommerziell agieren? Oder soll sie umgekehrt marktgerechter agieren, weil sie ja alle Gebührenzahlende bedienen soll und den Auftrag hat, sich teilweise auch über den Markt zu finanzieren? Die EMEK fordert die Debatte ein, stösst sie aber selbst nicht an: "Eine gesellschaftliche und politische Diskussion über Programme und unerwünschte wie erwünschte Inhalte ist deshalb notwendig und legitim." Die EMEK fordert die SRG auf, selbst Programmziele zu definieren. Sie soll auch ihre eigenen Beschränkungen formulieren und von welchen Aktivitäten und Produkten sie bewusst Abstand nehme. Das ist ein sanfter Hinweis der EMEK, die SRG solle ihre Programmziele überprüfen. Und es ist ein Votum dafür, dass die SRG selbst Vorschläge machen soll, nicht aber die Politik Einschränkungen definieren dürfe.
Viel Rückenstärkung also für die SRG im Bericht der EMEK. Mit einigen Vorschlägen kommt die EMEK auch den SRG-Kritikern entgegen: die Finanzmittel der SRG dürften nicht anhaltend wachsen, die EMEK spricht sich für restriktivere Sponsoring-Regeln und eine Verlängerung des bestehenden Online-Werbeverbotes aus. Die SRG solle mehr mit privaten Unternehmen kooperieren. Und die (Internet)Nutzungsdaten des Publikums sollen allen Marktteilnehmern zur Verfügung gestellt werden – ein Beitrag zum aktuellen Streit über das Joint-Venture der SRG mit Ringier und Swisscom.
Zufälle gibts: Am gleichen Tag wie der Bericht der EMEK wurde auch die Einreichung der "No Billag"-Initiative kommuniziert. Diese reduziert die medienpolitische Debatte auf einen sehr einfachen Nenner: Gebührengelder für den Service public im Medienbereich Nein, SRG Nein – und zwar absolut.
Mit diesen Vorlagen wird die medienpolitische Debatte an Intensität zunehmen. Die EMEK beabsichtige, sich zu weiteren Aspekten zu Wort zu melden. Es ist zu wünschen.
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