Ein klares Bekenntnis zum Service public im Rundfunk und zur SRG. Und eine Handvoll Wünsche an die SRG, was sie besser machen könnte. Das ist der Bericht des Bundesrates. 126 Seiten – hier kondensiert auf drei Seiten. Von Philipp Cueni
Ja – das Bekenntnis des Bundesrates zum Service public und zur SRG ist im Bericht "zur Überprüfung der Definition und der Leistungen des Service public der SRG unter Berücksichtigung der privaten elektronischen Medien" klar und eindeutig: Er kommt zum Schluss, dass "die Schweiz aus demokratie- und gesellschaftspolitischen Gründen auch in Zukunft eigenständige Service-public-Angebote im Radio, im Fernsehen und im Internet braucht." Solche Leistungen könne der Markt nicht bereitstellen. Und der Bundesrat befürwortet auf nationaler Ebene "weiterhin eine Konzentration der Mittel auf einen Anbieter", also auf die SRG. Das entspricht einer Bestätigung des bisherigen Modells. Welche anderen Modelle der Bundesrat geprüft hatte, kann man im Bericht nachlesen.
Die SRG solle mit einem Finanzierungsvolumen im bisherigen Umfang ausgestattet werden, weiterhin alimentiert aus Gebühren und Werbung. Auch hier ein Fortschreiben des Status Quo. Das Budgetvolumen wird zwar auf dem heutigen Stand plafoniert, aber allen Forderungen nach einer einschneiden Reduktion der Gebühren erteilt der Bundesrat eine klare Absage.
Und ebenso wie bisher soll die SRG einen breiten Leistungsauftrag erhalten mit Information, Bildung, Kultur, Unterhaltung und Sport. Sich konkurrenzfähig gegenüber ausländischen Angeboten zu behaupten, sei für die SRG nur mit einer breiten Palette von attraktiven Inhalten möglich. Es brauche eine SRG "mit einer ausreichenden Verankerung und Sichtbarkeit", also ein Programm für vielfältige Bedürfnisse.
Grundsätzlich habe sich der Service public von SRG und (im regionalen Bereich) privaten Radio- und Fernsehveranstaltern im Sinne eines Dienstes an der Gesellschaft bewährt. Folgerichtig will der Bundesrat den bisherigen Service public fortschreiben und am Prinzip, am Modell und am Programmauftrag festhalten.
Mit Internet. Als Folgerung aus der technologischen Entwicklung verlangt der Bundesrat eine wesentliche Änderung. Das Angebot der SRG und der regionalen Service-public-Anbieter müsse den digitalen Verhältnissen angepasst werden, es müsse die gesamte Bevölkerung ansprechen können und dort verfügbar sein, wo sich das Publikum befindet. Deshalb müsse untersucht werden, welche Verbreitungsvektoren dafür am geeignetsten seien. Für den Bundesrat ist klar, dass auch das Internet dazu gehört. "Kein Service public ohne Internet" formuliert der Bundesrat knapp und deutlich.
Auftrag akzentuieren. Gleichzeitig verlangt der Bundesrat eine Akzentuierung bei der Umsetzung des Programmauftrages, damit dieser als Dienst an der Gesellschaft, als Mehrwert hör- und sichtbar sei. Die Inhalte und Qualität der Leistungen sollen sich klarer von kommerziellen Anbietern unterscheiden. Der Bundesrat zählt dazu folgende Elemente auf:
- Eine verstärkte integrierende und identitätsstiftende Funktion. Dazu gehören auch der Austausch zwischen den Sprachregionen, die Erreichbarkeit der jungen Bevölkerung sowie der Menschen mit Migrationshintergrund.
- Mindestens die Hälfte der Gebühren soll dem Informationssektor zufliessen.
- Die Kultur solle eine Kernaufgabe darstellen.
- Die Unterhaltung soll mit einem eigenen Profil unverwechselbar sein, die SRG müsse in diesem Bereich eine Leitbildfunktion erfüllen. Hier formuliert der Bundesrat sogar Kritik: "Tatsächlich könnte aber ein Teil des heutigen TV-Unterhaltungsangebots der SRG auch Bestandteil kommerzieller Programme sein." Die Praxis beim Einkauf von Fremdprodukten müsse kritisch überprüft werden.
- Im Sport soll die SRG vermehrt Kooperationen mit anderen Veranstaltern eingehen.
Breites Angebot. Der Bundesrat setzt ausdrücklich auf ein breites und breit verankertes Angebot des Service public. Er distanziert sich damit klar vom Prinzip der Subsidiarität: "Es handelt sich hier um einen eigentlichen Dienst an der Gesellschaft, nicht um ein rein subsidiäres Angebot für den Fall von Marktversagen."
Rücksichtnahme. Der Verteilkampf zwischen den Verlagshäusern und der SRG habe sich in jüngster Vergangenheit akzentuiert, stellt der Bundesrat fest – nicht zuletzt, weil sich die beiden Seiten mit unterschiedlichen Geschäftsmodellen im Internet als Konkurrenten gegenüberstehen. Der Bundesrat akzeptiert dabei Wettbewerbsverzerrungen ("lässt sich nicht vermeiden"), erinnert aber an das in der Bundesverfassung verankerte Gebot der Rücksichtnahme: "Die Herausforderung besteht darin, dem Service public ausreichend Entwicklungsspielraum im digitalen Bereich zuzugestehen, ohne dabei die Entwicklungsmöglichkeiten der Zeitungsverleger einzuschränken. Gleichzeitig darf das Gebot der Rücksichtnahme nicht als Vorwand für die Verhinderung von Strukturanpassungen missbraucht werden." Der Bundesrat will einen gewissen Ausgleich zugunsten der Verlagshäuser erreichen, indem er die SRG auf ein pointierteres nicht-kommerzielles Programm verpflichten will, indem er ihr Kooperationen mit den Privaten empfiehlt, indem er der SRG (vorerst) keine Werbung im Internet erlaubt, indem er den Verlagshäusern öffentliche Förderung auch im Bereich von privaten Online-Medien in Aussicht stellt.
Debatte. Der Bundesrat verlangt in seinem Bericht von der SRG eine aktivere Service public-Debatte. Über diesen öffentlichen Austausch soll die SRG die Umsetzung ihres Auftrags dauernd überprüfen. Der Bundesrat betont zu Recht, die Medienfreiheit der SRG gegenüber dem Staat müsse garantiert sein. Deshalb ist es ein Widerspruch und unverständlich, dass der Bundesrat eine regelmässige Berichterstattung der SRG an die Staatspolitischen Kommissionen des Parlaments erwägt. Damit wären die Programme der SRG der parteipolitischen Einflussnahme ausgeliefert.
Online-Förderung. Wirklich neu ist die Option des Bundesrates, in einer späteren Phase gesetzlich auch den Online-Bereich als Teil des "Rundfunks" zu definieren. Das sei verfassungskonform und ermögliche dann, auch Online-Angebote via Gebühren zu fördern. Das können eigenständige Online-Redaktionen sein, aber auch die Online-Angebote der lokalen Radio- oder TV-Sender und auch Angebote von privaten Verlagshäusern. Gleichzeitig wiederholt der Bundesrat seine Absage an ein umfassendes Mediengesetz und eine umfassende Medienförderung – also inklusive Presse. Alle entsprechenden Bestrebungen seien gescheitert – weshalb der Bundesrat einem neuen Anlauf geringe Chancen einräume.
Private. Im Bericht zum Service public geht es vor allem um die SRG, aber auch um die privaten Stationen mit Leistungsauftrag und Gebühren. Der Bundesrat spricht "den gebührenfinanzierten privaten Veranstaltern, welche den regionalen Service public erbringen, weiterhin eine wichtige Funktion zu", am entsprechenden Informationsauftrag sei festzuhalten. Allerdings konstatiert er bei den verschiedenen Stationen erhebliche Unterschiede, wie dieser Auftrag umgesetzt werde. Der Bundesrat formuliert deutlich höhere Erwartungen: "Hinsichtlich des Umfangs der regionalen Informationsangebote der kommerziellen Lokalradios erwartet er … künftig mehr." Und: "Der Anspruch, wonach sich Service-public-Anbieter von rein kommerziellen Sendern zu unterscheiden haben, gilt beim regulierten Bereich, d.h. der Information, auch für die gebührenfinanzierten kommerziellen Lokalradios und die Regionalfernsehveranstalter."
Ergiebige Quelle. Der ganze Bericht des Bundesrates umfasst 137 Seiten. Er enthält einen ausführlichen Analyse-Teil, welcher viele Daten und Unterlagen zur Medienlandschaft der Schweiz (wie zum Beispiel zur Digitalisierung, zu den oekonomischen Rahmenbedingungen, zum Werbemarkt, usw.) liefert.
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