Wie schützen Verlage ihre Journalistinnen und Journalisten vor persönlichen Angriffen, Hassmails und Hasskommentaren? EDITO hat nachgefragt.
Le Temps
«Es kann vorkommen, dass anstelle der Journalistin die Verantwortlichen für Social Media und Web zusammen mit der Chefredaktion die Nachrichten und Kommentare filtern. Wenn der Autor persönlich wegen eines Artikels angegriffen wird, interveniert die Chefredaktion, um den Journalisten zu unterstützen, und beansprucht, sofern nötig, entsprechende juristische Beratung.»
TX Group
«Die Haltung von Tamedia gegenüber solchen Machenschaften ist klar: Es werden weder Beschimpfungen noch Hassparolen gegenüber dem Unternehmen oder Mitarbeitenden toleriert.»
RTS
«RTS verurteilt hasserfüllte oder diffamierende Angriffe gegenüber Medienschaffenden entschieden. Die RTS-Chefredaktionen sind sich der Problematik bewusst und unterstützen die zu Opfer gewordenen Journalisten. Nachrichten und Kommentare auf den Social-Media-Kanälen werden aufmerksam verfolgt. Erscheint es sinnvoll, wird öffentlich geantwortet. Zu diesem Zweck wurde auch der Podcast InfoVerso auf RTSinfo ins Leben gerufen. Mit ihm soll ein konstruktiver Dialog mit dem Publikum gefördert werden.»
ArcInfo
«Sind die Social-Media-Kanäle betroffen, greift das für die Community zuständige Team ein, ruft die Diskussionsregeln in Erinnerung und verweist auf den Verhaltenskodex. Seit Dezember 2020 wird auch auf einen externen Dienstleister zurückgegriffen, der mithilfe von Algorithmen Streitfälle in den Kommentarspalten ausfindig macht und diese löscht. Bessert sich die Situation deshalb nicht, nimmt die Chefredaktion direkt Kontakt mit der Person auf, die sich nicht an die Regeln hält. In ganz schlimmen Fällen kann die Person mittels Sperrverfahren von der Diskussion ausgeschlossen, ihre Nummer und E-Mail blockiert und unser Anwalt beauftragt werden, eine Klage einzureichen.»
Ringier
«Ringier ist der Schutz der Mitarbeitenden sehr wichtig. Wird eine konkrete Drohung ausgesprochen, melden wir das der Polizei. Wir ermutigen die bedrohte Journalistin oder den Journalisten, Strafanzeige einzureichen; diese muss rechtlich von der bedrohten Person selbst vorgenommen werden. Ebenfalls in Abstimmung mit der Polizei kann die betroffene Journalistin / der betroffene Journalist Personenschutz beantragen. Ausserdem werden auf blick.ch beispielsweise sämtliche Diskussionsbeiträge mit einem Algorithmus und einem Moderationsteam geprüft, um Hassrede keine Plattform zu geben, weder Mitarbeitenden noch Drittpersonen gegenüber.»
Gibt es Hilfsangebote für diejenigen, die von Angriffen und Hass betroffen sind (zum Beispiel definierte Ansprech- und Beratungspersonen)?
Le Temps
«Die Ressortverantwortlichen, aber auch die Chefredaktion, unterstützen aktiv jene Medienschaffenden, die angegriffen wurden. Sie suchen den Dialog mit ihnen und beantworten Beiträge von rücksichtslosen Diskussionsteilnehmern, verteidigen die Arbeit der Journalistinnen und Journalisten und sichern ihnen ihre Unterstützung zu.»
TX Group
«Alle Betroffenen werden ermuntert, ihren Arbeitgeber umgehend zu informieren. Die Vorkommnisse können eigens dafür ausgebildeten Vertrauenspersonen mitgeteilt werden. Je nachdem, wie sich die Umstände präsentieren, können auch externe Hilfeleistungen beigezogen werden. Für Journalisten ist in der Praxis aber häufig die Chefredaktion der erste Ansprechpartner. Je nach Art des Vorfalls werden rechtliche Schritte in Betracht gezogen, gegebenenfalls mit Unterstützung des internen Rechtsdienstes.
RTS
Bei RTS gibt es auch eine psychologische Stelle, die kritisierten Journalistinnen oder aus Risikoländern zurückgekehrten Reportagenteams jederzeit Unterstützung bietet. Überdies profitieren die Journalisten vom RTS-Rechtsdienst.»
ArcInfo
«Die Chefredaktion hat offene Ohren für ihre Mitarbeitenden und erarbeitet wenn nötig eine Strategie, die ihnen Sicherheit und Unterstützung gibt. Dieses Dispositiv wird bald erweitert. Die Personalabteilung wird ein Netzwerk von «Vertrauenspersonen» aufbauen, die innerhalb der ESH-Gruppe, der ArcInfo angehört, ausgebildet werden.»
Ringier
«Den betroffenen Journalistinnen und Journalisten stehen die jeweilige Chefredaktion sowie unsere Rechtsabteilung jederzeit unterstützend zur Seite.»
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